Abrechnungsbetrug bei Verhinderungspflege durch ambulante Pflegedienste oder Privatpersonen

Eine etwas versteckte Vorschrift aus dem SGB XI bereitet zahlreichen Pflege- und Betreuungsdiensten sowie auch Einzelpersonen erhebliche Kopfschmerzen: Ein Verstoß hiergegen dient immer häufiger als Auslöser für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und birgt erhebliche Risiken – sowohl in strafrechtlicher als auch in sozialrechtlicher Hinsicht.

Voraussetzungen der Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege gilt zunächst nur unter Einhaltung diverser Voraussetzungen als korrekt erbracht. So heißt es:

Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr; […].Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat und der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist. Die Aufwendungen der Pflegekasse können sich im Kalenderjahr auf bis zu 1612 Euro belaufen, wenn die Ersatzpflege durch andere Pflegepersonen sichergestellt wird als solche, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben.“

Verstoß gegen Voraussetzungen führt zu Vorwürfen von Abrechnungsbetrug

Hierbei handelt es sich zunächst lediglich um die Grundvoraussetzungen, die es zu erfüllen gilt. Verstößt ein Leistungserbringer gegen die Voraussetzungen, gilt die Verhinderungspflege auf sozialrechtlicher Ebene als fehlerhaft erbracht. Viel gefährlicher ist jedoch, dass die Abrechnung der Leistung gegenüber dem Kostenträger als zu Unrecht erfolgt angesehen werden kann. Nicht nur die sogenannte Ersatzkraft und mitunter auch die Klienten selbst, sondern auch der Inhaber oder Geschäftsführer eines Pflege- oder Betreuungsdienstes sehen sich auf strafrechtlicher Ebene einem nicht unerheblichen Vorwurf gegenüber.

Die in Frage kommenden Verstöße in unserer Praxis als Strafverteidiger könnten dabei unterschiedlicher nicht sein, doch ein Blick ins Gesetz wirft zum Teil mehr Fragen als Antworten auf, z.B.

  • Was sind die sogenannten „sonstigen Gründe“, welche die Beantragung einer Verhinderungspflege ermöglichen?
  • Welche verschiedenen Arten der Inanspruchnahme der Verhinderungspflegeleistungen gibt es?
  • Drohen dem Klienten in der Folge jeweils Kürzungen?
  • Wer darf die Verhinderungspflege eigentlich erbringen und kann als Ersatzkraft anerkannt werden?
  • Was versteht man unter der Verwandtschaft im Sinne des § 39 SGB XI?
  • Welche Leistungen können neben der Verhinderungspflege abgerechnet werden und welche Leistungsarten dürfen nicht parallel erbracht werden?

Zu denken ist auch an Anforderungen an die Leistungsdokumentationen, die nicht etwa identisch sind mit solchen, die regelmäßig im Bereich der Erbringung von Pflegesachleistungen oder gar behandlungspflegerischer Leistungserbringung im Sinne des § 37 SGB V gefordert wird.

Es sind also verschiedenste sozialrechtliche Fehler, die bei der Verhinderungspflege zu einem Vorwurf des Abrechnungsbetrugs nach § 263 Abs. 1 StGB oder gar eines Betrugs im besonders schweren Fall nach § 263 Abs. 3 StGB führen und die Grundlage eines Strafprozesses bilden können.

Handelt es sich bei dem Beschuldigten (beispielsweise) um den Geschäftsführer eines ambulanten Pflege- oder Betreuungsdienstes, sind es auch außerstrafrechtliche Risiken und Probleme, die mit einem solchen Vorwurf einhergehen. Kommt es erstmal zu der Feststellung, dass eine Straftat vorliegt, drohen hier nicht nur der Verlust von Verträgen des Unternehmens, sondern auch Einträge in diverse Register, die mitunter dazu führen können, dass kein Gewerbe mehr geführt werden kann.

Wenn Sie Fragen zu den (strafrechtlichen) Risiken haben, die in Zusammenhang mit dem Vorwurf des Betrugs aufgrund eines Verstoßes und insbesondere der fehlerhaften Abrechnung von Verhinderungspflegeleistungen (Vorwurf Abrechnungsbetrug gegen Pflegedienste) stehen, beraten wir Sie als auf die Pflege spezialisierte Rechtsanwälte und Fachanwälte für Strafrecht gern. Nehmen Sie dafür jetzt Kontakt zu unserer Kanzlei und unseren Anwälten für Pflegedienste auf!

Ich berate Sie gern persönlich