Freiberufliche Pflegekräfte und Scheinselbstständigkeit in der Pflege

Strafbarkeitsrisiko oder Rettung in der Not?

Rollatoren im Pflegeheim

Selbständige Pflegekräfte und freie Mitarbeiter werden oft als sog. „Springer“ in der Pflege, also bei ambulanten Pflegediensten, in Krankenhäusern, Altenheimen, in Senioren-WGs etc. eingesetzt. Oft sollen mit den „Freiberuflern“ kurz- oder mittelfristige Spitzen im Personalbedarf der Leistungserbringer abgefedert werden. Passieren dabei Fehler, kann es aber schnell zu einem Strafverfahren gegen den Arbeitgeber kommen.

In der Pflegebranche entwickelt sich der Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zunehmend zu einem kritischen Risiko. Als erfahrene Fachanwälte für Strafrecht und auf Pflege spezialisierte Verteidiger erläutern wir Ihnen, was Sie zum Thema „Freiberufliche Pflegekräfte und Scheinselbstständigkeit“ wissen müssen.

„Scheinselbständige Pflegekräfte“ oder das Problem beim Einsatz von Freiberuflern in der Pflege: Oft unklare oder schwer verständliche Rechtslage

Arbeitgeber in der Pflege gehen oft davon aus, dass die freien Mitarbeiter (meist Springer) tatsächlich auch selbständig sind; deswegen zahlen sie auch keine Sozialversicherungsbeiträge. Was aber, wenn – auch Jahre später – behauptet wird, es handele sich in Wirklichkeit nicht um selbständige Pflegekräfte, sondern um (sozialversicherungspflichtige) Arbeitnehmer, also um scheinselbständige Pflegekräfte?

Die Frage, ob man wirklich von der Selbstständigkeit eines sogenannten Springers/Freiberuflers ausgehen kann oder ob sich die vermeintlich freiberufliche Pflegekraft in Wirklichkeit nicht doch – rechtlich gesehen – in einem abhängigen Anstellungsverhältnis mit der Pflegeeinrichtung befindet, beschäftigt aber nicht nur Sozialgerichte, sondern eben zunehmend auch die Ermittlungsbehörden.

Ermittlungen durch Staatsanwaltschaft, Polizei und Zoll

Denn Polizei und Staatsanwaltschaften in der Pflegebranche konzentrieren sich schon lange nicht mehr allein auf den Vorwurf des Abrechnungsbetrugs oder der Urkundenfälschung in der Pflege. Auch der Zoll ermittelt bei Pflegediensten, in Altenheimen, Krankenhäusern, Senioren-WGs etc. zunehmend wegen des sog. Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt im Sinne des § 266a StGB. Es geht also um sogenannte Sozialversicherungsbeiträge, die nicht bzw. in nur geringem Umfang durch die Verantwortlichen einer Pflegeeinrichtung für den vermeintlichen Angestellten abgeführt worden sein sollen.

Die Ermittlungen durch Staatsanwaltschaften, Zoll und Polizei beginnen oft wegen entsprechender Meldungen der Deutschen Rentenversicherung. Oft argumentiert der Zoll, der Beruf als Pflegekraft/Pflegefachkraft könne nur in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werden. Das ist rechtlich falsch. Trotzdem sind Deutsche Rentenversicherung, Zoll und Staatsanwaltschaften bei der Abgrenzung von Scheinselbständigkeit in der Pflege zu einer echten Selbständigkeit oft nicht objektiv, sondern voreingenommen.

Unterscheidung zwischen Scheinselbständigkeit und sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis

Die Abgrenzung zwischen Scheinselbständigkeit in der Pflege und sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern/Angestellten ist diffizil. Rechtsprechung und Literatur haben eine Art generellen Prüfkatalog entwickelt, nach dem man die Unterscheidung vornehmen kann. Bei einer vertieften Überprüfung wird vor allem zwischen dem Willen sowohl von Auftraggeber als auch Dienstleistungserbringer (also bspw. der freiberuflich tätigen Pflegefachkraft) einerseits und den tatsächlichen Verhältnissen anderseits abzuwiegen sein (vgl. etwa auch BSG Urt. v. 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R). Weitere gewichtige Umstände können neben dem Willen der Parteien und den tatsächlichen Umständen den Ausschlag geben. Im Rahmen einer Beratung informieren wir Sie gern im Detail über die vorzunehmenden Prüfschritte im Einzelnen.

Bundessozialgericht urteilt: Besonderheiten der stationären und ambulanten Pflege

Bedeutsam ist aber für den Bereich der stationären Pflege Folgendes: Das Bundessozialgericht geht nach aktueller Rechtsprechung davon aus, dass ein Einsatz von Pflegekräften im stationären Bereich wie z.B. in Altenheimen, Seniorenheimen, Krankenhäusern etc. jedenfalls im Regelfall nicht selbständig sein dürfte, sodass die Gefahr einer Scheinselbständigkeit der Pflegekräfte drohen könnte, was auch strafrechtliche Risiken mit sich bringen könnte.

Was den Bereich ambulanter Pflegedienste angeht, wo die freiberuflichen Pflegekräfte ambulant in verschiedenen Touren eingesetzt sind und die Klienten anfahren, beraten unsere auf Pflege spezialisierten Anwälte Sie gern. Das vorgenannte Urteil des Bundessozialgerichts lässt sich hier nicht ohne Weiteres übertragen.

Welche Strafen drohen in der Pflege bei Schwarzarbeit oder beim fehlerhaften Einsatz von freien Mitarbeitern?

§ 266a Abs. 1 bis 3 StGB sehen als Strafe einerseits die Geldstrafe und andererseits die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in einem besonders schweren Fall gemäß § 266a Abs. 4 StGB sieht darüber hinaus eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Von einem besonders schweren Fall ist zum Beispiel dann auszugehen, wenn etwa der bzw. die Täter „aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge“ vorenthalten (§ 266a Abs. 4 Nr.1 StGB), „unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge“ vorenthalten (§ 266a Abs. 4 Nr. 2) oder etwa als Mitglieder einer Bande handeln im genannten Sinne handeln (§ 266a Abs. 4 Nr. 4 StGB).

Spezialisierte Anwälte in der Pflege

Die oben genannten Besonderheiten machen die Strafverfolgung in der Pflegebranche besonders komplex und erfordern oft spezialisierte rechtliche Unterstützung und anwaltliche Verteidigung für betroffene Pflegedienste und Einrichtungen.

Wurde gegen Sie als Arbeitgeber(in) der Vorwurf des Veruntreuens und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt erhoben bzw. müssen Sie ein Einschreiten der Ermittlungsbehörden bzw. des Zolls fürchten? Unsere erfahrenen und auf Pflegedienste und Leistungserbringer spezialisierten Anwälte beraten Sie (auch schon im Vorfeld) über bestehende Risiken, wie Sie etwaige Vorwürfe auch unter Einhaltung präventiver Maßnahmen verhindern können oder sich in einem bereits laufenden Verfahren gegen die Vorwürfe verteidigen können. Gerade unsere Expertise im Bereich des Pflegestrafrechts erlaubt es uns als Anwälte für Pflegedienste, die Risiken, die gerade in der Pflegebranche und damit den eingangs genannten Schnittstellen zu erwachsen drohen, frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Sind bzw. waren Sie auf freiberuflicher Basis im Auftrag einer pflegerischen Einrichtung als Freiberufler oder Springer in der Pflege tätig und haben Sie eine Vorladung zur Zeugenvernehmung erhalten, beraten wie Sie ebenfalls gern. Unsere Rechtsanwälte sind ebenso als sogenannter Zeugenbeistand tätig, beraten zu gesetzlichen Pflichten und Rechten eines Zeugen und begleiten Sie gern zu Ihrer Vernehmung beim Zoll oder vor Gericht.

Ich berate Sie gern persönlich