Neuer Trend: Behörden der Heimaufsicht drängen ins Strafrecht
Verdeckter Heimbetrieb: Aus ambulant wird stationär
oder: Wie aus einem vermeintlich rein ordnungsrechtlichen Problem bei der Heimaufsicht plötzlich ein Vorwurf des Abrechnungsbetrugs wird
In den letzten Jahren ist ein neuer Trend auszumachen: Die Behörden der Heimaufsicht drängen vermehrt ins Strafrecht und bedienen sich Polizei und Staatsanwaltschaften, um im Verwaltungsverfahren gegen Pflegeheime zu reüssieren.
Die ambulante und auch stationäre Versorgung in Pflegeheimen kann für die Betreiber und Geschäftsführer solcher Einrichtungen nicht nur sozial- und ordnungsrechtliche, sondern gerade auch strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Risiken mit sich bringen.
Ist eine Einrichtung im Sinne der jeweiligen landesrechtlichen gesetzlichen Vorschriften als ambulant betreute Wohngemeinschaft anerkannt, so ist dieser Status keinesfalls sicher oder endgültig. Wie schnell der Betrieb einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft gänzlich untersagt oder diese (begründet durch den Vorwurf des verdeckten Heimbetriebs) in eine stationäre Einrichtung umgewandelt werden soll, zeigt die Vorgehensweise einiger Heimaufsichten (zum Teil in Kooperation mit dem MD) und letztlich auch der Staatsanwaltschaften.
Dabei sind es – um nur einige Bespiele zu nennen – nicht nur Fragen des Vorhaltens von 24-Stunden-Präsenzkräften, der Dokumentations- bzw. im Falle von Pflegeheimen der sogenannten Aufzeichnungsführung oder der – bei anbieterverantworteten Wohngemeinschaften – bestehenden Rechtsbeziehung zum Pflegedienst selbst, die von der Heimaufsicht untersucht werden.
Vorwürfe des „verdeckten Heimbetriebs“; Abrechenbarkeit von erbrachten Leistungen im Fokus
Im Fokus der Heimaufsichten steht insbesondere auch die Frage der Abrechenbarkeit der Leistungserbringung in örtlicher Hinsicht. Während also die Erbringbarkeit von Leistungen der häuslichen Krankenpflege in einer ambulanten Einrichtung im Sinne des § 37 SGB V gegeben ist, ist die Sachlage dann eine gänzlich andere, wenn die Heimaufsicht die Umwandlung etwa einer ambulanten Senioren-Wohngemeinschaft in ein stationäres Pflegeheim beabsichtigt. Oftmals ist eine solche Vorgehensweise in der Annahme eines verdeckten Heimbetriebs begründet. In besonderem Maße ist hier dann Vorsicht geboten, wenn die Ermittlungsbehörden an Vermutungen oder gar Erkenntnisse der Heimaufsichten – zum Teil in Zusammenarbeit mit dem MD – anschließen und einen strafrechtlichen Vorwurf eines Abrechnungsbetruges dahingehend formulieren, es habe sich von Anfang an um eine stationäre Einrichtung gehandelt, die (Senioren)-WG habe also niemals so zugelassen und als solche betrieben werden dürfen.
Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft beschränken sich dabei bei Weitem nicht mehr „allein“ auf die Frage, ob ein Pflegebetrieb per se über eine Pflegedienstleitung verfügt hat, ob den rahmenvertraglich formulierten Qualifikationsanforderungen entsprochen wurde oder es grundsätzlich zu einer tatsächlichen Leistungserbringung gekommen ist. Immer häufiger greifen die Ermittlungsbehörden auf die Vor- bzw. Zuarbeit der Heimaufsichten zurück.
Hausdurchsuchungen bei Vorwürfen von Abrechnungsbetrug häufig
Schnell droht zur Aufklärung der Frage nach der rechtlichen Einordnung einer pflegerischen Einrichtung und der damit einhergehenden Abrechenbarkeit der erbrachten Leistungen eine Durchsuchung. In der Praxis wird von Seiten der Staatsanwaltschaft, Landeskriminalämter und auch der Gerichte der Vorwurf dahingehend formuliert, es bestehe der Verdacht, dass sämtliche Abrechnungen ambulanter Pflegeleistungen für Bewohner der Wohngemeinschaft eines ambulanten Pflegedienstes unzulässig gewesen sein sollen, da es sich tatsächlich – so jedenfalls die Mutmaßung – nicht um einen ambulanten, sondern um einen stationären Heimbetrieb gehandelt haben soll (“verdeckter Heimbetrieb”).
In der Praxis beobachten wir einen Anstieg dieser Ermittlungsverfahren.
Drohende Betriebsuntersagung: Munition aus dem Strafverfahren auch vor dem Verwaltungsgericht
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Heimaufsichtsbehörde, die eine Betriebsuntersagung durchsetzen will, sich oft Munition für ihre Argumentation zurechtlegen wollen wird. Hierfür wird – oft ganz gezielt – vorab Strafanzeige gegen die Betreiber/Geschäftsführer erstattet und die Staatsanwaltschaft „ins Rennen geschickt“. Es darf Betreiber von Wohngemeinschaften nicht wundern, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht – etwa im Rahmen des einstweiligen Eilrechtsschutzes – dann Informationen aus der strafrechtlichen Ermittlungsakte durch die Heimaufsicht eingebracht werden. Deswegen merke:
Den Kampf gegen die Betriebsuntersagung vor dem Verwaltungsgericht gewinnt (oder verliert) man als Betreiber oder Geschäftsführer im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.
Wurde der Betrieb einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft untersagt und ist die von Ihnen geleitete Einrichtung von da an als stationäres Pflegeheim zu führen bzw. handelt es sich von vornherein um eine stationäre Einrichtung, beraten wir Sie gern zu der Vielzahl der Bundes- und auch Landesgesetze, die von Ihnen jedenfalls ab der Einstufung des Pflegeheims als stationäre Einrichtung zu beachten sind.
Während das Pflegerecht Bundesrecht darstellt, wird das Heimrecht seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 auf Landesebene geregelt. Nach und nach machten die Bundesländer von dieser Kompetenz Gebrauch, so dass sich ein Nebeneinander des Ordnungsrechts und des SGB XI etabliert hat. Diese sehen jeweils nicht nur unterschiedliche Rechtsgrundlagen vor, sondern gerade auch unterschiedliche Sanktionen. Zu beachten sind neben den jeweiligen Landesheimgesetzten auch die dazugehörigen (Bundes-)Verordnungen.
Wir erklären Ihnen gern, welche Normen des Ordnungswidrigkeitenrechts das Heimrecht in den jeweiligen Bundesländern kennt und welche (neben-)strafrechtlichen Risiken – zu denken ist etwa an eine Eintragung ins Gewerbezentralregister – insbesondere der Geschäftsführung drohen, sollte ein entsprechender Verstoß im Raum stehen.
Abweichungen innerhalb des Bundesländer
Vorsicht ist auch innerhalb ein und desselben Bundeslandes geboten: So weichen die Vorgehensweisen verschiedener Heimaufsichten eines Bundeslandes erheblich voneinander ab. Auch bei einer völlig identischen Ausgangslage kann die Heimaufsicht einer Stadt eine andere gelebte Praxis an den Tag legen als etwa die Heimaufsicht der Nachbarstadt desselben Bundeslandes.
Auch die Inhalte der Prüfungsrechte der Heimaufsicht unterscheiden sich klar von denen des MD. Nicht zuletzt ergeben sich auch Besonderheiten hinsichtlich der Vergütungsvereinbarungen und vor allem auch der Fachkraftquote sowie des Personalschlüssels, also einem Thema, das bundesweit ohnehin eine Vielzahl von (Intensiv-)Pflegediensten beschäftigt und nicht selten Inhalt von strafrechtlichen Vorwürfen in der Pflege ist.
Wenn Sie Fragen zu den (neben-)strafrechtlichen oder auch ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken für sich oder das von Ihnen geführte Unternehmen haben, rufen Sie uns gerne an! Oder macht man Ihnen den Vorwurf eines „verdeckten Heimbetriebs“? Unsere Anwälte für Pflegedienste bzw. Fachanwälte für Strafrecht beraten Sie bei Verdacht auf einen Abrechnungsbetrug seitens Ihres Pflegedienstes und auch in Verbindung mit dem Betrieb einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft unter Einbeziehung der jeweiligen Besonderheiten für das einschlägige Bundesland umfassend und kompetent.
Ich berate Sie gern persönlich